Heinrich Heine ist neben, vielleicht sogar vor Goethe, der meistvertonte Dichter der Lyrik- und Liedgeschichte. Vom »Heinismus« der Musiker sprach der wohl bedeutendste Heine-Komponist Robert Schumann. Heine selber hat sich nur spärlich über die Komponisten seiner Gedichte geäußert. Einen aber scheint er besonders geschätzt zu haben: Johann Freiherr Vesque von Püttlingen (1803-1883), der heute selbst Musikwissenschaftlern vielfach nicht einmal dem Namen nach bekannt ist. (Seine Kompositionen veröffentlichte er unter dem Pseudonym Johann Hoven, das seinem Adel und seiner Stellung als hoher österreichischer Staatsbeamter geschuldet war.) Seine exzeptionelle Bedeutung besteht darin, daß er es in seinen rund 100 Heine-Vertonungen verstanden hat, Ironie und parodistische Brechungen, künstliche Naivität und Spiel mit Traditionen, Mehrschichtigkeit und Doppelbödigkeit von Heines Texten durch den Einsatz von Mitteln wie Melodram, Couplet, Stilzitat und -parodie, kalkulierte Stil- und Gattungsbrüche musikalisch umzusetzen. In seinen Vertonungen entfernen sich Heines Gedichte weit von der ungebrochen volksliednahen und gefühlsgesättigten Lyrik, als die sie in den meisten Vertonungen des 19. Jahrhunderts erklingen. Hanslick rühmte an ihm, daß er sogar scheinbar unkomponierbare Gedichte vertonen könne. Dieter Borchmeyer
Lieder aus:
Die Heimkehr nach dem Gedichtzyklus aus Heinrich Heines Reisebildern und andere Vertonungen
Ausführende:
Thomas E. Bauer, Bariton
Uta Hielscher, Klavier
Siegfried Mauser, Klavier