Wie aktuell ist die zeitgenössische Dramatik? Die Frage scheint paradox. Und doch sagt das Entstehungsdatum noch nichts über die Aktualität eines Textes aus, weder inhaltlich noch ästhetisch. Die Vielzahl – fast könnte man sagen Unzahl – heutiger Stücke, die nur zum Teil und zu wenig öffentlich zur Kenntnis genommen werden, setzen sich inhaltlich vor allem mit Phänomenen auseinander, die die Wahrnehmung unserer Zeit prägen: dem der Entfremdung, dem des Scheiterns an der Gesellschaft und des Gesellschaftlichen überhaupt, dem der Orientierungslosigkeit und der daraus resultierenden Unentschlossenheit innerhalb der neu-alten „Unübersichtlichkeit“. Dramaturgisch ist vielfach die Adaption, kaum die kritische Auseinandersetzung, mit den Medien und dem Verlust unmittelbarer Erfahrung zu bemerken. Das führt zur Kommunikationslosigkeit, dem nicht mehr möglich scheinenden Dialog. Darüber hinaus besteht die Tendenz, Texte zu schreiben, die die Gestaltung ganz und gar dem Theater überlassen.
Insgesamt ist die Spanne – seltener die Spannung – groß zwischen der Auslieferung an die gegebenen Formen und Mittel unserer Mediengesellschaft und dem Versuch, „zeitgenössische Dramatik“ als Herausforderung an das Theater und sein Publikum zu verstehen.