Prousts Paris und Musils Wien, Thomas Manns leuchtendes München und Kafkas imaginäres New York, das Dublin des Ulysses, London bei Henry James und Virginia Woolf, die Berlin-Konfigurationen Brochs oder Döblins – die großen Romane und Erzählungen der klassischen Moderne sind ohne den Imaginations- und Verdichtungsraum, die Verkehrsströme und Bilderfluchten der großen Stadt so wenig zu denken wie die moderne Lyrik von Baudelaire bis zu den Expressionisten oder Brechts dramatische Phantasien über das Dickicht der Städte und kapitalistische Kampfzonen namens Chicago. Der Vortrag fragt nach den Gründen dieser besonderen Affinität zwischen Großstadt und literarischer Moderne und analysiert beispielhaft ein Kaleidoskop urbaner Szenarien, von realen oder imaginären Stadt-Landschaften aus wenigen Wörtern oder vielen Sätzen: Sprache gewordene Architektur, wie sie im Buche steht. Werner Frick
Werner Frick, geb. 1953, ist Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau und ordentliches Mitglied der Akademien der Wissenschaften in Göttingen und Heidelberg. Forschungsschwerpunkte im Bereich der Literatur- und Kulturgeschichte der Goethezeit und der klassischen Moderne sowie der Komparatistik. Zahlreiche Veröffentlichungen zur deutschen und europäischen Literaturgeschichte des 17. bis 20. Jahrhunderts.