Vladimir Koljazin über die krisenhaften Prozesse in der heutigen russischen Intelligenzija und die veränderte Geisteshaltung in der Stellung der Intellektuellen: „Der wilde Kapitalismus und die systematische Unterdrückung des freien Gedankenaustauschs haben bereits den Typus einer machtabhängigen Pseudointellektuellen entstehen lassen. Die der klassischen russischen Literatur eigene sittliche Grenze zwischen hochentwickelter und zurückgebliebener Kultur ist schnell verschwunden.“
Koljazin spricht über das Kulturideal des Putin'schen Regimes. Der Hunger nach wahrer Demokratie wurde in eine »Autodemokratie mit Dekoration« gewandelt, welche die russische Kultur sowohl von der alten russischen Kulturtradition als auch von der des Westens abschneidet. Die kulturellen Clans, die sogenannten Tussovkas, erwecken hier den Anschein von Rettern und Bewahrern, so Koljazin.
Vladimir Koljazin richtet seine Aufmerksamkeit auf die in der Stalinzeit erprobte Verbrüderung der kulturellen Elite mit der Macht und die Aushöhlung der Institutionen der gesellschaftlichen Kritik. Er plädiert für die Bewahrung der Nationalkultur und erörtert die Bedingungen zur Rettung des sogenannten »unverletzlichen Erbes« der russischen Kultur.
Vladimir Koljazin, geboren 1945 in der Ukraine, studierte und habilitierte sich in Moskau und Bern. Koljazin ist Theaterwissenschaftler, Kunsthistoriker, Germanist und Übersetzer, er arbeitet am Staatlichen Institut für Kunstwissenschaft in Moskau und ist Präsident der Russischen Forschungsgesellschaft für moderne deutsche Kunst.