Es war unmöglich, von Friedhelm Kemp nicht bereichert zu sein. Viele haben versucht, den Umfang seiner liebenden Kennerschaft und poetischen Kraft auf einen Begriff zu bringen – es konnte nicht gelingen. Der Übersetzer und Dichter, Essayist und Herausgeber, Literaturwissenschaftler und Vermittler wurde als »uneingeschränkt Allerbewandertster in der Lyrik« (Rolf Vollmann) bezeichnet, doch auch dieser Superlativ ist nicht hinreichend.
Friedhelm Kemp ist es gelungen, den ungeheuren Riß, den Deutschland in den zehn Jahren von 1935 an zwischen sich und der europäischen Kultur verschuldet hat, auf weite Strecken zu heilen.
Werner von Koppenfels schrieb in seinem Nachruf: »Friedhelm Kemp wußte sich und was ihm literarisch am Herzen lag, meisterhaft und zugleich brüderlich mitzuteilen, ob in seinen denkbar vielfältigen Büchern oder in Radiosendungen, Feuilletonaufsätzen, Lesungen; nicht zuletzt als unermüdlicher, immer anregender Gesprächspartner.(…) Er lebte exemplarisch vor, was die Philologie heutzutage weitgehend vergessen hat, daß nämlich philologische Verantwortung keineswegs einem abstrakten Wissenschaftsideal gilt, sondern einer literarischen Öffentlichkeit, die die raison d’être der Literaturwissenschaft ist, und deren Exitus man möglicherweise voreilig diagnostiziert hat«. (Süddeutsche Zeitung,14.3.2011)