Unter den zeitgenössischen Künstlern hat Thomas Mann niemanden so sehr geschätzt wie den Illustrator und Bühnenbildner Emil Preetorius (1883-1973), der von 1948 bis 1968 Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste war. Lobesworte über Preetorius' Illustrationen zu Chamissos Peter Schlemihl (1909) und Eichendorffs Taugenichts (1914) stehen am Anfang; die Zeichnungen zum Taugenichts sind wiederum in den Betrachtungen eines Unpolitischen (1918) Beleg für die These, daß hier »exemplarisch … der deutsche Mensch« sichtbar werde. Höhepunkt der gemeinsamen Linie sind Preetorius‘ Illustrationen zu Thomas Manns Idyll Herr und Hund (1919), in denen sich Dürers Melencolia I versteckt; Preetorius' berühmtes Gastspiel im Roman Doktor Faustus (1947) hat daher ein besonderes Gewicht. Mit einem offenen Brief über Wagner und kein Ende reichte Thomas Mann 1950 dem einstigen Künstlerfreund trotz aller politischen Differenzen pars pro toto wieder die Hand.
Dirk Heißerer ist Literaturwissenschaftler und Sachbuchautor, er veranstaltet literarische Spaziergänge und Exkursionen (www.lit-spaz.de). Seit 1999 ist er Vorsitzender des Thomas-Mann-Forums München. Im Frühjahr 2013 erscheint die von ihm kommentierte Edition der Briefe Hedwig Pringsheims an Katia Mann (1933-1941 ).