»Ich brauche das Schreiben, um mein Leben anzuschauen und zu befragen« – ein Satz, mit dem Ruth Rehmann Auskunft gibt über sich und ihre Erzählkunst. Das bedeutet: All ihre vielen Fähigkeiten, als Musikerin, Journalistin, Politikerin, kommen dem Eigentlichen ihres Lebens zugute: mittels der Sprache einzudringen in die Welt und aus Sprache eine Welt zu erfinden. Als sehr junge Autorin las sie in der Gruppe 47, mit dem Vaterroman Der Mann auf der Kanzel gelang ihr 1979 ein erster, starker Erfolg. Ruth Rehmann ist eine Schriftstellerin von großer Klarheit und Entschiedenheit, sie ist ihrem gesellschaftskritischen Engagement stets treu geblieben, doch nur ihr dokumentarisch angelegtes Buch Unterwegs in fremden Träumen ist ein konkret politisch gemeintes Werk; in ihren, oft autobiografisch grundierten Romanen reflektieren sich Zeit und Gesellschaft im Schicksal der Gestalten, in deren Suche nach wahrhaftiger Identität. Die ungekünstelt lebendige Erzählsprache, die Ruth Rehmann auszeichnet, hat sie bis in ihre jüngsten Romane hinein nicht nur bewahrt, sondern in einzigartiger Weise verdichtet. Gert Heidenreich