Mit zwei schmalen, elegant zugeschnittenen Privatdrucken wurde der Bäckersohn Paul Wühr 1955 Autor. Mit seinem Textbuch Gegenmünchen erregte er 1970 die Gemüter. Mit opulenten, viele hundert Seiten starken Gedicht- und Prosabüchern trat er, bereits in Italien lebend, alle paar Jahre an die Öffentlichkeit. Das letzte Manuskript, noch in der Werkstatt, sollte Der wirre Zopf heißen und, nach dem Falschen Buch (1983), wieder als großer Gesang auf München angelegt sein.
Gottfried Knapp hob in seinem Nachruf Wührs Radikalität hervor, »mit Poesie ins Ungesicherte vorzustoßen« und »die Welt der sprachlichen Gewißheiten« neu zu sondieren: dies »dürfte kaum ein Dichter produktiver genutzt haben als Paul Wühr«. In der Tat gilt Wühr als Neuerer, vor allem auf dem Gebiet des Hörspiels – 1971 Hörspielpreis der Kriegsblinden für sein Preislied – und der großen zyklischen lyrischen Dichtung.
2008 wurde er in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen. Nun starb er in seiner Wahlheimat Passignano. L. H.