Um einem nichtbayrischen Menschen unseren Humor auch nur halbwegs begreiflich zu machen, dazu muß man im Erklären ein bißchen weitschweifig sein. Weitschweifigkeit oder, besser, das langsame, leicht umständliche Heranpirschen an das Eigentliche einer Sache gehört zu unserer Natur. Alles Knappe, logisch scharf Umrissene ist uns zuwider. Wir sind für das Kommode. »Kamott«, wie wir es aussprechen, heißt soviel wie sich in allem gemütlich Zeit lassen und das zuträglich Behagliche voll auskosten. Meistens springt dabei sogar ein Vorteil für uns heraus, und wenn es auch nur der ist, daß ein anderer Mensch sich darüber ärgert oder nervös wird. Ein »kamotter« Mensch mag das Durchdenken, das in heutigen Zeiten so beliebte Zu-Ende-Denken nicht, er ist für das Betrachterische. Das hängt vielleicht mit unserer weltberühmten Kunst, dem »Bayrischen Barock« zusammen, bloß, meine ich immer, daß «barock« überhaupt eine persönliche Veranlagung jedes einzelnen Bayern ist. [. . . ]
Bayrischen Humor gibt es allerdings zweierlei: den, über welchen die Eingesessenen lachen und jenen, den die Fremden an uns belachen. Der erstere beruht auf unserer scheinbaren Unlogik und auf der Langsamkeit im Begreifen. Bei der Beurteilung des letzteren bin ich nicht kompetent. (aus: Oskar Maria Graf: An manchen Tagen. Reden, Gedanken und Zeitbetrachtungen, 1961)