In ihrer Ausstellung »Jüdische Portraits« der Fotografin Herlinde Koelbl ist auch der Schriftsteller Erich Fried zu sehen, der 1988 starb. Ein Jahr vor Erscheinen des Werk-Zyklus »Jüdische Portraits«. Auf die Frage, ob er sich dem Judentum noch verbunden fühle, antwortete er »Eigentlich nicht. Ich empfinde mich selbst nicht als Jude.«
Heute, über 30 Jahre später, ist das »jüdische Leben« in Deutschland überaus vielfältig: Neue Synagogen setzen bemerkenswerte innerstädtische Akzente, dazu sind jüdische Museen entstanden, es gibt eine Hochschule für jüdische Studien, Rabbinerseminare, orthodoxe wie liberale Gemeinden. Wie nie zuvor ermöglicht eine Fülle religiöser, politischer und kultureller Angebote zahlreiche Wege jüdischer Identitätsbildung. Die Frage, ob und wie es ein »jüdisches Leben«, eine »jüdische Identität« gibt, scheint sich nicht eindeutig beantworten zu lassen. Was also ist »Jüdischkeit« heute? Darüber sprechen die Rabbinerin Elisa Klapheck von der liberalen Synagogengemeinschaft »Egalitärer Minjan« in Frankfurt am Main und der Historiker Michael Brenner, der an der LMU München jüdische Geschichte und Kultur lehrt und seit 2013 der Präsident des Internationalen Leo Baeck Instituts ist.