Übersetzen ist eine Kunst, und das Übersetzen von Gedichten erst recht! Doch wir, in einer europäischen Sprache zuhause, stehen so fasziniert wie ratlos vor der fremden Schönheit chinesischer Schriftzeichen und fragen uns: Wie geht das eigentlich, wie macht der Übersetzer aus einem so klaren Schriftgebilde, aus wenigen gegliederten Zeichen ein wortreiches Gedicht in deutscher Sprache?
Im Zentrum der Betrachtung steht Li Bo (701–726, auch Li Bai oder Li Tai Bo genannt), einer der bedeutendsten Dichter des alten China (hierzulande auch berühmt, weil Gustav Mahler seine Verse im »Lied von der Erde« vertont hat). Sein Leben und seine Trink-, Freundschafts- und Reisegedichte waren zugleich von Überschwang und Verzweiflung geprägt, oft im Ton »einer akustisch von Affengebrüll untermalten Melancholie«.
Der Münchner Sinologe Thomas O. Höllmann, der kürzlich mit Seidenreiher über allen Gipfeln eine neue Übersetzung aus dem Gesamtwerk vorgelegt hat, stellt Li Bo im Zusammenhang der chinesischen Poesie vor, und mit seinem sehr persönlichen Einblick in die Werkstatt des Übersetzers führt er uns nahe heran an eine fremde poetische Welt – in der wir, trotz Affengebrüll, dennoch manches wiederfinden von der unseren. W. M.
Thomas O. Höllmann, geb. 1952, lehrte an der LMU München, war Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und übersetzt seit vielen Jahren chinesische Poesie.
In der Frühlingssonne
hängen prächtige Blüten
vom bis in die Wolken
reichenden Baum.
Vögel singen,
versteckt im dichten Laub,
eine duftende Brise
lädt die Schöne zum Verweilen.
Li Bo (745)
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