Studierende haben neuartige Konzepte für ein Hospiz entworfen
Was geschieht, wenn man mit sich allein ist? Das ist in den Zeiten der Pandemie ein, wenn nicht das Thema, nicht nur in den Künsten. Denn das Virus erzwingt ein Leben in der Distanz und konfrontiert Menschen unweigerlich mit ihrer Vergänglichkeit und ihrem Tod. Dabei dachte noch niemand an eine COVID-19-Pandemie, als Dietrich Fink, Professor an der TU München im vergangenen Oktober mit 28 Studierenden und zusammen mit dem Hospizverein "DaSein e.V." Pläne für ein stationäres Hospiz in München als Semesterprojekt erarbeitete. Bislang gibt es für 1,5 Millionen Einwohner nur 28 Betten in zwei Hospizen. Jetzt soll ein drittes entstehen. Ein in der City und mitten im Leben gelegenes Hospiz.
© TU München,
Entwurf von Leah Maue und Valentin Erlmeier, 2. Preis
Ein „großes städtisches Haus, das die Beziehungen zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre präzise untersucht und abbildet.“ Allein dies definiert schon die Spannungsbögen, die das Leben mit COVID-19 weltweit definiert. Eine ungewollt hochaktuelle Aufgabe, die sich noch zuspitzte: „Die Grundlage des städtischen Hauses bildet das Hospiz. Es gliedert sich in verschiedene Funktionsbereiche mit unterschiedlichen Privatsphären auf. Neben den 12 Patientenzimmern (mit Besucherschlafplatz) sollen große gemeinschaftlich genutzte Bereiche zum Verweilen, Kochen und Essen, eine zentrale Rolle für das Zusammenleben der Bedürftigen spielen. Die Schnittstelle zwischen Bewohnern und der Öffentlichkeit sollen gemeinsam genutzte Räume bilden. Vorstellbar sind z. B. Café, Restaurant, Ausstellungen, Veranstaltungen, auch Nutzungen wie Kita, Konferenzräume, Tagungsräume oder ein Andachtsraum.“
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Entwurf von Fiona Wagner und Luis Wittmann, Anerkennung
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Entwurf von Samuel Blaschke und Felix Röttger, 2. Preis
Menschen, die in einem Hospiz gepflegt werden, sind in ihren Zimmern oft von der Außenwelt isoliert. Architektur-Studierende der Technischen Universität München (TUM) haben nun neue Konzepte für ein Hospiz in der Innenstadt entworfen. Ziel ist es, Sterbende am Alltag teilhaben zu lassen. Sterben gehört zum Leben. Eigentlich. Doch gerne konfrontiert sich fast niemand mit diesem Thema. Der ambulante Hospizverein „DaSein“ plant deshalb, ein Hospiz mitten in München zu errichten. Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit bekommen, ihre letzten Tage im Herzen der Stadt zu verbringen, in der sie gelebt haben. 13 Entwürfe entstanden und wurden Anfang März, wenige Tage vor dem „Lockdown“, vorgestellt.
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Entwurf von Leah Maue und Valentin Erlmeier, 2. Platz
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Entwurf von Philipp Konrad und Sebastian Hoyer
Die große Herausforderung war es, das Bedürfnis der todkranken Menschen nach Privatsphäre in schwierigen Krankheitsphasen mit dem Wunsch zu verbinden, einen Bezug zur Stadt und der Normalität zu haben. So gibt es in einigen Entwürfen die Möglichkeit, die Hospizbewohner und -bewohnerinnen im Krankenbett auf den Balkon zu schieben, um die Stadt zu sehen oder auch nur die Geräusche und die Atmosphäre wahrzunehmen. Transparente Wände in den Patientenräumen bieten die Möglichkeit, auf den Flur und in die Gemeinschaftsräume zu schauen. Für Privatsphäre sorgen Vorhänge, die an den Wänden angebracht sind und jederzeit zugezogen werden können.
Begegnungsort für Gesunde und Sterbende
Auch sollten die Entwürfe die Begegnung der Menschen in der Stadt mit den Sterbenden im Haus berücksichtigen. So setzten die Studierenden etwa das Hospiz mit zwei Etagen auf ein vierstöckiges Gebäude – die großzügige Dachterrasse ist für alle Menschen im Haus nutzbar. Oder der Hospizbereich erstreckte sich über sämtliche Stockwerke am Kopfende eines Komplexes – mit öffentlichem Café oder Kindergarten im Erdgeschoss. Immer sind die Räume lichtdurchflutet, hell, fast heiter. Der integrative Charakter ist bei allen 13 Modellen sichtbar.
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Entwurf von Antonia Beltinger und Anna Dorothea Glasmann, Anerkennung
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Entwurf von Fiona Wagner und Luis Wittmann, Anerkennung
Von einer Jury wurden drei Sieger des Wettbewerbs gekürt. „DaSein“ stellte dafür ein Preisgeld von 4500 Euro bereit. Ein Zeichen, wie wichtig der Verein die Arbeit der Studierenden und eine mögliche Realisierung nimmt. Bis dahin allerdings ist es ein langer Weg. Denn noch fehlen das Baugrundstück wie die finanziellen Mittel, um das Projekt umzusetzen.
Und so könnte das Hospiz aussehen, würde der Entwurf von Verena Kretschmer und Max Boehringer umgesetzt. Ihnen wurde dafür der erste Preis zuerkannt: