Fotos
All die nichtssagenden Fotos,
in die wir unsere Liebe hineinlesen,
unsere Erinnerung an Augenblicke,
die nicht auf dem Bild sind.
Ihr Armen,
was tut ihr, wenn wir sterben,
unter Menschen, die nur sehen,
was ihr zeigt?
Reduziert
auf das Sichtbare:
wer könnte so leben.
Rainer Malkowski, Die Herkunft der Uhr (2004 posthum im Hanser-Verlag erschienen)
Zum Tode von Margarete Malkowski
Wir sind erschrocken und sehr traurig über die Nachricht vom Tod Margarete Malkowskis. Mit dem Rainer-Malkowski-Preis hielt sie das Andenken an ihren verstorbenen Mann und sein Werk wach; zugleich wurde sie zu einer wichtigen Förderin der zeitgenössischen Literatur. Margarete Malkowski war immer sehr gespannt darauf, wen die Jury des nach ihrem Mann benannten Preises auswählen würde. Sie ließ sich am Telefon berichten, war interessiert, fragte nach und ließ sich umgehend die ausgezeichneten Werke zukommen, um sich intensiv in sie zu vertiefen. So blieb sie immer interessiert, vor allem an der Lyrik, war eine wache und kritische Leserin und freute sich an der Freude der Ausgezeichneten. Diese werden ihr ein ehrendes und dankbares Andenken bewahren. Auch in späteren Jahren, als ihr die Anreise schon schwerer fiel, ließ sie sich die Preisverleihungen nicht nehmen. Sie machte sie mit ihrer Anwesenheit zu warmherzigen persönlichen Begegnungen. Wir werden sie sehr vermissen. Der Rainer-Malkowski-Preis wird auch an ihre Großzügigkeit erinnern.
Holger Pils, Stiftung Lyrik Kabinett
Die Nachricht vom Tod Margarete Malkowskis hat uns schwer und völlig unvorbereitet getroffen. Noch vor wenigen Wochen hatten wir am Telephon ein lebhaftes ausführliches Gespräch, das leider den rituellen Neujahrsbesuch in diesem Jahr ersetzen mußte. Und wie immer hatten wir das Gefühl, daß sich Margarete tapfer dem Leben stellte und daß sie sich den Freunden liebevoll und interessiert zuwenden konnte, trotz all ihrer vielen und schmerzhaften Leiden, trotz aller Trauer und Einsamkeit, die sie seit dem Tod Rainers doch oft überfielen. Vielleicht ist ihr jetzt manches erspart worden, aber wir werden sie sehr vermissen.
Norbert Miller
Ich erinnere einen strahlenden Sommertag. Bei meinem Besuch in Brannenburg führte mich Margarete Malkowski in einen Biergarten, der noch genauso aussah, wie Max Liebermann ihn vor über hundert Jahren gemalt hatte.
Die Gastgeberin war so aufgeräumt und heiter, wie es der ganzen Szenerie entsprach.
An diesem Tag verabredeten wir eine Gesamtausgabe der Gedichte von Rainer Malkowski. Es war ein Herzensanliegen, diese Sprachgebilde zwischen Melancholie, Gedankenreichtum und hintergründigem Humor auch für spätere Leser bewahrt zu wissen. So ist es gekommen. Auflage folgte auf Auflage – bis heute.
Ich erinnere ihr Lachen. Ich erinnere Gespräche, in denen ich verstand, wie sehr Margarete Malkowski berührt und sensationierbar war durch Sprache, durch Wortkunst.
Schon jetzt vermisse ich die regelmäßigen Telefonate und die freundschaftliche Teilnahme an den Belangen des Verlags.
Der Wallstein Verlag trauert um Margarete Malkowski.
Thedel v. Wallmoden
und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Ich habe, wenn kein anderer zugegen war, oft mit Margarete darüber geredet, wie schwer es war, mit einem Dichter wie Rainer zusammen zu leben. Nach außen hin könnte man ja denken, die beiden hätten das schönste Leben gehabt! Firma verkauft, als sie noch etwas wert war, in ein beschauliches Städtchen gezogen, nicht zu weit von München entfernt, aber doch weit genug, eine Ausrede zu haben, ein Haus gebaut mit Garten, in dem sie sitzen und lesen konnte, wenn der Dichter seine drei Zeilen pro Tag zu schreiben hatte. Aber es war eben doch schwieriger, als man von außen wahrnehmen konnte. Denn man saß sich natürlich auf der Pelle und konnte nicht ausweichen. Nicht nur war Rainer ein schwieriger Charakter, auch Margarete war alles andere als einfach gestrickt, und jetzt waren sie dazu verdonnert, auf Gedeih und Verderb immer aufeinander angewiesen zu sein.
Als ich ihr nach Rainers Tod halb im Scherz und halb im Ernst einmal vorschlug, doch für vier Wochen eine Wohnung in einer Pension in Venedig zu nehmen, um zu spüren, wie es ist, von keinem mehr abhängig zu sein, schaute sie mich lange an, und schließlich sagte sie: auf was für Gedanken du kommst! Muss es denn gleich Venedig sein? Ich habe vergessen, ob wir uns auf einen anderen Ort geeinigt haben, auf Worpswede oder Köln, es ist auch egal, denn sie würde etwas so Exzentrisches sich niemals trauen. Aber der Schalk, der in ihren Augen aufblitzte, als sie diese Möglichkeit erwog, der war ein Teil von ihr.
Im Übrigen waren wir uns immer einig, dass die Welt, wie sie nun einmal eingerichtet war, nicht besonders komfortabel war. Überall Ecken und Kanten, an denen man sich stieß. Und dann diese vielen Menschen, die alle etwas wollten!
Ich stelle mir vor, wie sie jetzt langsam den Himmel betritt, vorsichtig, ein wenig neugierig, auch ein bißchen unternehmungslustig. Sie klopft an die erste Tür gleich hinter der großen Pforte, es wird „Herein“ gerufen, und drinnen sitzt Rainer und sagt: Gut, dass du kommst, ich könnte nämlich einen Kaffee vertragen …
Margarete gehörte zu meinen lieben Witwen. Ich werde sie genauso wenig vergessen wie Rainer.
Michael Krüger
Webseite der Rainer Malkowski Stiftung: http://rainer-malkowski.de/schreibtischt.html und
http://rainer-malkowski.de/main.html