Wir trauern um unser Mitglied Friedrich Kurrent. Er bleibt für unsere Abteilungstreffen durch seine kurzen, entschlossenen Beiträge unvergesslich. Denn er ließ in seiner Wortwahl bisweilen die große Wiener Diskurstradition von Karl Kraus und Adolf Loos wieder aufleben.
Geboren im Salzburger Land studierte er bei Clemens Holzmeister an der Akademie am Schillerplatz zu Wien, war Assistent bei Konrad Wachsmann und Ernst Plischke, war Gründungsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Architektur und von 1972 bis 1996 Professor an der Technischen Universität München in der Nachfolge von Hans Döllgast und Johannes Ludwig.
Er baute – in der wirkungsvollen, pionierhaften Arbeitsgruppe 4 zusammen mit Wilhelm Holzbauer und Johannes Spalt – die Kirche in Parsch und das Seelsorgezentrum in Steyr-Ennsleiten, die Zentralsparkasse in Wien-Floridsdorf und später die Kirchen in Aschheim bei München und Kirchheim in Oberösterreich.
Diese Bauten leben von einer Haltung, die nicht technizistische, sondern eher handwerkliche Modernität ausstrahlt. Sie sind ganz eigenwillig und dennoch ist immer die stilistische Affinität zur Wiener Sezession spürbar.
Kurrent publizierte. Seine enorme geistige Spannweite findet sich in den Buchbänden, die das Panorama der Bau-, Kunst-, Literatur-, Musik-, Skulptur- und Gesellschaftsentwicklung in seiner feinen wie aggressiv kritischen Sichtweite ausbreiten. Auch vermitteln die Texte und Bilder seine pädagogische Leidenschaft und sie erinnern an seine öffentlichen Auftritte vor allem in den Wiener architektonischen und urbanistischen Kämpfen.
Kurrent hatte eine wunderbare Art, Architektur und Stadträume zu zeichnen. Mit wildem, freiem Strich sind perspektivische Blickwinkel ineinander verschoben bis hin zu Konzentrierungen, die die Struktur, ja, das Wesen einer ganzen Stadt auf einem Blatt darzustellen vermögen.
Auf seinem Totenzettel steht folgendes Kurrent-Zitat:
– Was zeichnen Sie denn da?
– Das, was man nicht sieht.
Christoph Sattler