Zum Tod von George Crumb
Vor 50 Jahren begann George Crumb die Komposition seines dreiteiligen Klavierzyklus MAKROKOSMOS für ein und zwei präparierte Klaviere. Er schrieb damals im Vorwort zum ersten Band:
„Der Titel und das Format meines Makrokosmos widerspiegeln meine Bewunderung für zwei große Komponisten der Klaviermusik des 20. Jahrhunderts, Béla Bartók und Claude Debussy. Ich dachte natürlich an Bartóks MIKROKOSMOS und Debussys 24 PRELUDES. Jedoch sind dies rein äußerliche Assoziationen, und ich nehme an, dass der ,geistige Impuls’ meiner Musik mehr der dunklen Seite von Chopin und sogar der kindlichen Fantasie des jungen Schumann verwandt ist.“
Wie der gesamte Sternenhimmel, so ist auch das kompositorische Werk von George Crumb voller Geheimnisse, die sich erst nach langer Beschäftigung mit der Partitur entschlüsseln lassen. So geht es dem unvorbereiteten Hörer auch bei seinem orchestralen Hauptwerk STAR-CHILD (Sternenkind), das er für Pierre Boulez und die New Yorker Philharmoniker 1976/77 komponiert hat. Dessen Höhepunkt, die „Musica Apocalyptica“ mit den drohenden sieben Trompeten und dem pulsierenden großen Orchester, ist ein Höhepunkt in der Musik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und bekommt zur Zeit eine geradezu unglaubliche Aktualität.
Crumbs Partituren sind ausschließlich in seiner geradezu kalligraphisch zu bezeichnenden Handschrift bei Peters verlegt.
George Crumb war seit 1993 korrespondierendes Mitglied der Abteilung Musik der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Er starb am 6. Februar 2022 in Media, Pennsylvania.
Wilfried Hiller