Wir haben einen großen Schauspieler verloren, zu früh und unerwartet. Ihn zu beschreiben ist kaum möglich. Er war ein undurchsichtiges Kind, voll genialer Gedanken und göttlicher Inspiration. Unberechenbar für alle und deshalb eine große Herausforderung für seine Partner, egal ob Kollegen oder Regisseure. Wiederholen wollte er nie, jede Probe, jede Vorstellung war unterschiedlich, festgefahrene Verabredungen konnte er nicht ertragen. Erarbeitete an seiner inneren Architektur, alles verwandelte sich, Blick, Gebärde, Gang und Haltung. Er liebte das Wort »Schauspielkunst«, und er hat sie weiß Gott beherrscht. Nach der Probe zog er sich in seine einsame Werkstätte zurück, Geselligkeiten schienen ihm fremd zu sein. Er teilte sein Kloster mit seiner Frau, die ihn inniglich begleitete. Während und außerhalb der Probe. Ihre Meinung schien die wichtigste zu sein. Sie studierten gemeinsam den Text, sie versorgte ihn mit Literatur, sie schauten gemeinsam Filme.
Er blieb immer neugierig, aber er wollte ein Geschichtenerzähler sein, bestimmte Theaterformen, in denen er sich nicht hätte entfalten können, hat er gemieden. Aber er hat alles zur Kenntnis genommen, ist viel ins Theater gegangen, egal, wo er sich gerade aufgehalten hat. Filme hat er kaum gedreht (aber ich weiß es nicht genau) und schon gar kein Fernsehen. Er brauchte den direkten Kontakt zum Publikum. Für das Publikum tanzte er auf dem Seil, schlafwandlerisch in Anmut und mit Witz. Das Komödiantische hat er geliebt,aber er scheute sich nicht davor, ekelhafte, bösartige Missetäter zu spielen. Betrat er die Bühne, dann gehörte sie ihm. Er kam schon in der Rolle auf die Probe. Das Kostüm und die Maske hatte er genau vor Augen, der Haarschnitt spielte eine große Rolle, Perücken mochte er nicht sonderlich, wenn es die Rolle brauchte, ließ er sich die Haare dementsprechend schneiden, auch wenn es im Privatleben eventuell nicht passend war. Er wollte sich verwandeln und träumte davon, daß das Publikum ihn nicht erkennen möge.
Wir werden ihn sehr vermissen. Uns bleibt nichts als die Erinnerung.
Andrea Breth