Heinz Butz ist 1925 in Dillingen geboren. Als Achtzehnjähriger wird er zum Kriegsdienst eingezogen, kommt an die Ostfront nach Russland und ist von 1945 bis 1946 in russischer Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg, 1947, wird er Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft in Augsburg und studiert von 1948 bis 1950 an der Kunstschule in Augsburg, von 1950 bis 1956 an der Akademie der Bildenden Künste in München.
Seine Lehrtätigkeit 1954 bis 1967 an der Kunst- bzw. Werkkunstschule in Augsburg und ab 1967 bis 1991 an der Münchner Kunstakademie bildete mit die Grundlage seiner eigenen künstlerischen Entwicklung und als zentrales Anliegen die Entwicklung seiner Lehre. Seit 1995 war er Mitglied unserer Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Am 8. August 2022 ist Heinz Butz 96-jährig gestorben. Er war einer der Großen im Reich der bildnerischen Gewissenhaftigkeit fernab aller großspurigen Gefallsuchtsgebärden. Ein Meister der Achtung des Geringsten. Ein Lauschender, dem hohen Wert des sich offenbarenden Geistes verpflichtet. Seine schöpferische Kraft verdankt alles der bedingungslosen Hinwendung an die Erscheinungswelt der Natur als sichtbarer Sprache, als Gegenwart und Ausdruck des Geheimnisses unseres Daseins. Für Heinz Butz ist das Geheime spürbar und nachvollziehbar im Schauen. Es erfordert einen Blick ohne jegliche Spekulation auf vordergründige Effekte. Das Wahre offenbart sich nur dem reinen Herzen.
Und so hat er sich aufgemacht, nach Jahren der Verirrungen, der Zerstörung und des Wahnsinns von Krieg und Kriegsgefangenschaft und hat sich in die Landschaft gesetzt um malend zu schauen, um seine Seele zu heilen, um in der Natur nach Werten zu suchen, die wahr und beständig sind. So malte er seine ersten Bilder. Und diese Bilder waren ihm zeitlebens wichtig, waren sie doch der Auftakt zu seiner künstlerischen Botschaft: dass nur durch das Finden und Ergründen echter Werte sich gestalten lässt, was menschenwürdig ist.
Ja, es geht um den Menschen, um seine Würde. Es geht darum, Werke zu schaffen und zu verkörpern, die von wahrem Geist und echter Freiheit zeugen. In einer dienenden Haltung hat er zeitlebens darum gerungen, sich den absoluten Werten anzuverwandeln.
Butz war durchdrungen von dem Gedanken, dass die bildnerischen Formen und Formkräfte als Grundelemente in den Wirkungsweisen der Natur eingeschrieben sind und in Erscheinung treten für den, der sie entschlüsseln kann. Die Geisteslogik der freien schöpferischen Formung erwächst aus den verinnerlichten, der Natur abgelauschten Gestaltungsgesetzen. Aus Fragen, wie entsteht die Formenwelt der Natur, wie macht die Natur die Form, wie entsteht das Gebilde, das Gebildete, die Bildung, daraus entwickelt sich seine Lehre.
Erste Voraussetzung für bildnerische Erkenntnis ist das Abzeichnen, immer wieder Abzeichnen, hingebungsvoll und forschend. Es ist ein unermüdliches Nachvollziehen der Erscheinungswelt. Es kann jahrelang, jahrzehntelang dauern, bis sich nach und nach die Sinne schärfen und das Sehorgan sich so weit entwickelt hat, dass es fähig ist, Wesenhaftes zu erkennen. Aus dieser Voraussetzung folgt mit Notwendigkeit das Erforschen der bildnerischen Ausdrucksmittel mit dem Ziel, aus den Formungsweisen der Natur das freie Bild als künstlerische Tat zu setzen: Welche Spannkräfte bilden den Raum? Welche Energetik wirkt in der Linie? Welchen Rhythmus bewirkt die unterbrochene Linie? Was ist ein Punkt für sich oder auf der Bildfläche? Was ist ein Ding ganz für sich oder frei im Raum usw.
Ein gleicher Wert zur Formensprache war ihm die Sprache der Farbe: die Farbe in ihrem Eigenwert, die Grundfarben Rot, Gelb, Blau mit den Zwischengliedern Orange, Grün, Violett. Die Farbe als Klangelement im Zusammenspiel mit mehreren Farben in simultaner Gleichwertigkeit oder in komplementärem Gegensatz zueinander, die aufgelichtete oder abgedunkelte Farbe usw., der Farbkreis, die Farbkugel. Und als Synthese das Zusammenwirken von Farbe und Form, Linie, Rhythmus und Raum auf dem Bildgrund.
Heinz Butz war sich sehr wohl bewusst: All dies ist dem Fleiß und dem unablässigen Sich-Bemühen geschuldet. Zur freien Schöpfung aber bedarf es des Lauschens hinein in eine Dimension, die er das Absolute nannte.
Heinz Butz hat viele Schüler um sich geschart. Gewirkt hat er als Lehrer und Mensch durch sein Vorbild. Alles Leichtfertige war ihm fremd. Umgeben von der Aura eines hingebungsvoll Dienenden gab sein Gesicht im Alter das Leuchten eines wissenden Meisters preis. Vor der unergründlichen Reinheit und Poesie seiner Werke wird man sprachlos. Sie bereichern uns als Manifeste eines wahrhaft großen Geistes.
Franz Hitzler