Abteilung Bildende Kunst: Peter Anselm Riedl – Korrespondierendes Mitglied seit 2006
geb. 23. Februar 1930 in Karlsbad/Tschechoslowakei – gest. 31. August 2016 in Heidelberg
Peter Anselm Riedl wurde am 23. Februar 1930 als Sohn des Bildhauers Adolf H. Riedl in Karlsbad/Tschechoslowakei geboren und war seit 2006 Mitglied der Akademie. Am 31. August 2016 ist er in Heidelberg gestorben.
Riedl studierte von 1949 bis 1955 zunächst Germanistik und Anglistik, später Kunstgeschichte und Klassische Archäologie an der Universität Heidelberg, wo er über die Heidelberger Jesuitenkirche promovierte. Nach Tätigkeiten an der Hamburger Kunsthalle und am Kunsthistorischen Institut in Florenz folgte 1967 die Habilitation und Dozentur an der Universität Marburg. Von 1969 bis zu seiner Emeritierung 1998 hatte er das Ordinariat für Neuere und Neueste Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg inne.
Seit 1977 war er jahrelang Vorsitzender des Kuratoriums des Kunsthistorischen Institutes in Florenz und beteiligte sich als einer der hervorragendsten deutschen Kenner der Renaissancearchitektur sowie der Kunst des Manierismus und des Barock in den nächsten Jahrzehnten an zahlreichen Publikationen zu den historischen Gebäuden in Siena. Viele Jahre war er Mitglied des Vorstandes und Vorsitzender des Heidelberger Kunstvereins und unterstützte nachdrücklich die Denkmalpflege, vor allem in Heidelberg – über deren Altstadt er eine Reihe von Schriften verfaßte – und im Rhein-Neckar-Kreis.
Renaissance-, Barock- und Heidelberg-Forschung – das war die eine Seite von Riedls Gelehrtenleben, die andere sein vehementes – vor seinem Ordinariat in Heidelbergs Kunstgeschichte so gut wie unbekanntes, wenn nicht verpöntes – Engagement für die Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere Wassily Kandinsky, Henry Moore und die Bildhauer der abstrakten Skulptur. Seine Liebe zur zeitgenössischen Kunst manifestiert sich nicht nur in seinen einschlägigen Publikationen, sondern auch in seinen Kontakten zu bedeutenden Künstlern – auch und gerade unserer Akademie wie Fritz Koenig, Lothar Fischer, Herbert Peters, Nikolaus Gerhart oder Werner Knaupp , die ihn als einen der Ihren ansahen und über die er diverse Schriften und Dokumentationen publiziert hat –, war er doch selbst ein verhinderter Künstler, wie sein beachtliches Talent als Zeichner zeigt.
Riedl war eine charismatische Persönlichkeit, ein begnadeter Lehrer, vor allem aber noch ein echter Uomo universale, der sich nicht nur in den verschiedensten Bereichen der Kunst und Wissenschaft kompetent auskannte – zumal war er ein umfassender Musikexperte –, sondern für den auch Naturwissenschaft und (vor allem Computer-)Technik keine fremden Gebiete waren. Er war alles andere als ein Gelehrter im Elfenbeinturm, wie sein langjähriges kulturpolitisches Engagement in Heidelberg zeigt. Als Mentor der zeitgenössischen Kunst wird er vielen Mitgliedern unserer Akademie fehlen.
Dieter Borchmeyer