Der 1928 in Leipzig geborene Bildhauer Rolf Szymanski war seit 1999 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und schon seit 1970 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, jahrelang als Leiter der Sektion Kunst und von 1983–86 als Vizepräsident unter Günter Grass. Spricht man heute mit Berliner Künstlern aus dem Osten, fällt der besonders liebevolle Ton auf, mit dem sie seiner gedenken. Ideologiefrei sei er gewesen. Und in den schwierigen Zeiten nach der Vereinigung der beiden Akademien der Künste in Ost und West habe er vermittelt, wo immer er konnte. Für ihn zählten nur die gute Kunst und die Freiheit des Geistes.
Rolf Szymanski suchte die Figur und ging doch ständig über sie hinaus. Als Zeitgenosse der expressiven Abstraktion fand er für sich – modellierend unter Einbezug vieler Fundobjekte – zu einer „Methodik des freien Entwickelns, die das Material zu spontanem Einsatz bringt“ (Jörn Merkert). Seine Werke vermitteln stets den Eindruck unmittelbarer „Formerregung“ (Lothar Böhme). In der jüngeren internationalen Skulpturgeschichte ist Rolf Szymanski im weitesten Sinne wohl der Ausdrucksplastik zuzuordnen. Souverän wie er war, benannte er seine Paten selbst: Wilhelm Lehmbruck, Henri Matisse, Alberto Giacometti, Henri Laurens und Jacques Lipchitz. Mit Lehmbruck verbindet ihn die Form, die an jeder Stelle durchfühlt ist. Mit Giacometti das Erscheinungshafte, „l‘ Éphémère“, wie auch ein Hauptwerk von 1982 heißt. Mit Matisse, dem Plastiker, eint ihn das Wagnis der Deformation. Mit Laurens die biomorphe Erotik. Schließlich verehrte er den späten Lipchitz sehr, dessen Arbeiten er 1971 bei dessen Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie bestens studieren konnte.
Wie dieser jüdische Bildhauer auch nährte sich Szymanski aus einem unerschöpflichen Fundus an Imagination, einer archaischen Welt, die ganz eigenständig von einer Sphäre des Mythischen durchdrungen war. Diese freilich bot keine unverletzliche Ganzheit mehr. Stattdessen suchte er „formale Anlässe, die man weitertreibt“, so auch „das Fragmentarische“. Und in diesem zugleich: „die Frage nach der Utopie. Für mich ist die Utopie, der Wunsch und die Sehnsucht, im Klumpen, im formalen Prozess, Dinge zu finden, die lebendig wirken. Utopie ist für mich der Einfall und eine Übernahme von unbekannten thematischen Stoff, der Wunsch nach dem Einfall, der formal und inhaltlich funktioniert. Insofern könnte man sagen und die Frage stellen: Ist die Utopie ein Fragment? Wer die Utopie ausmalt, zerstört sie.“ (Rolf Szymanski, in: Sinn und Form, 24 (1992), Heft 1)
Am 2. Dezember 2013 ist Rolf Szymanski in Berlin gestorben.
Christa Lichtenstern