Mit großer Freude hat die Bayerische Akademie der Schönen Künste die Nachricht aus Stockholm aufgenommen, daß ihrem im April 2009 gewählten korrespondierenden Mitglied Mo Yan der Literaturnobelpreis 2012 zuerkannt worden ist.
Mo Yan erlebte seinen literarischen Durchbruch 1987 mit dem Novellenzyklus „Die rote Sorghumhirse“, der als „Das rote Kornfeld“ im deutschsprachigen Raum bekannt und dessen Verfilmung 1988 auf der Berlinale mit einem Goldenen Bären prämiert wurde.
„Ich kann mich an kein Buch erinnern, das mich so beeindruckt hat – unendlich reich, unendlich genau, unendlich schön“ sagte Martin Walser, der sowohl in Peking als auch in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in Lesungen und Gesprächen mit ihm aufgetreten ist, in seiner Wahlbegründung für den chinesischen Kollegen.
Präsident Dieter Borchmeyer, seit Jahren mit Mo Yan persönlich bekannt, stellt fest: „Mo Yan hat sich schon früh vom offiziell verordneten Realismus emanzipiert und sich einem magischen Realismus von unerhörter Sprachkraft zugewandt. Er ist alles andere als ein staatskonformer Schriftsteller, vielmehr einer der großen Dichter unserer Zeit, den man nicht mit kurzsichtigen politischen Maßstäben messen sollte.“
Gert Heidenreich, der Direktor der Literaturabteilung der Akademie, fügt hinzu: „Mit Mo Yan wird ein großer, poetischer Erzähler geehrt, an dessen Werk die Kriterien ,systemkonform' oder ,oppositionell' versagen. Die magischen Welten, die er geschaffen hat, finden ihren Nachhall in den Lesern als ästhetische und moralische Erkundung der Lebenswelt Chinas; welche befreiende, auch aufklärende und kritische Kraft sie dabei entfalten, läßt sich von außen kaum beurteilen. Daß die Zensur seine Werke, so weit wir wissen, nicht geschliffen hat, spricht nicht gegen den Autor, sondern zeigt, daß die Komplexität seines Erzählens den zensorischen Horizont überschreitet. Hoffentlich ist der Nobelpreis für Mo Yan eine Ermutigung für die Schriftsteller seiner Heimat und für uns Anlaß, die zeitgenössische chinesische Literatur differenziert zu betrachten. Mit dem Bogen zwischen Mo Yan und dem Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Liao Yiwu, ist die Spannung beschrieben, in der sich die Literatur Chinas befindet: Es geht um die freie Phantasie der Leser jenseits ihrer staatlichen Beeinflussung.“