Klee malt die Blaue Blume, Max Ernst verehrt den Dichter Novalis auf einer Stufe mit Hölderlin, Wols liest täglich im Heinrich von Ofterdingen, Beuys möchte den Schleier der Göttin zu Sais lüften – die Wirkungsgeschichte des Novalis in der Kunst des 20. Jahrhunderts ist reich.
Der Vortrag sucht in einem ersten Überblick, die geistesgeschichtlichen Zusammenhänge aufzudecken. Er beginnt mit Frankreich, wo unter anderen die Surrealisten Novalis als den Dichter der Liebe entdecken. Dagegen verbleiben die deutschen Künstler eher im philosophischen Dialog und von daher im Bannkreis des magischen Idealismus.
Daß diese verstärkte Authentizität aber weniger eine Frage der deutschen Sprach- und Bildungszugehörigkeit ist, sondern sich auch andernorts geistige Wahlverwandtschaften begründen können, wird neben anderen das Beispiel des spanischen Bildhauers Eduardo Chillida zeigen. Insgesamt vergegenwärtigt das Thema den fortdauernden Dialog mit der Tradition des idealistischen Denkens.
Christa Lichtenstern, korrespondierendes Mitglied der Akademie, lehrt als Ordinaria Kunstgeschichte an der Universität Saarbrücken. Zum Wechselverhältnis zwischen bildender Kunst und Literatur publizierte sie Arbeiten, die Diderot, Goethe, Schiller, Hölderlin, Nietzsche und Paul Eluard in den Blick nehmen. Weitere Veröffentlichungen betreffen die neuere und jüngste Skulptur- und Malereigeschichte.