Schädlich für die DDR?« Diese doppeldeutige Frage stellten die Neuen deutschen Hefte nach der Ausreise von Hans Joachim Schädlich in die Bundesrepublik im Dezember 1977. In den Stasi-Akten taucht der Autor in der Tat stets als »Schädling« auf. Nach dem großen Erfolg des Prosabandes Versuchte Nähe im Jahre 1977 – Erzähltexten, die mit gefährlicher Akribie und Phantasie die Machtmechanismen der DDR spiegelten, doch das Nahe zugleich verfremdend ins Ferne rückten – war man bestrebt, diesen Schädling möglichst schnell los zu werden.
Der professionelle Linguist Schädlich ist ein Sprachartist par excellence. Obwohl er vier Romane geschrieben hat – von Tallhover (1986), dem Roman vom ewigen Spitzel, bis Anders (2003), Erzählungen von Menschen, die nach dem Zusammenbruch eines totalitären Systems ihre Identität wechseln – ist sein genuines Medium die Kurzprosa. Sein jüngster Erzählband Vorbei (2007) über drei Genies (Stevenson, Winckelmann und Rosetti), die noch jung, auf dem Weg zu den Sternen sind, als ihr Leben schon vorbei ist, zeigt Schädlich auf der Höhe seiner Meisterschaft.
Hans Joachim Schädlich, geboren 1935 in Reichenbach/Vogtland, wirkte bis 1976 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Akademie der Wissenschaften in Berlin (Ost). Nach seiner Mitunterzeichnung des Protestes gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns wurde er seines Postens enthoben und verließ die DDR. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 1996 den Kleist-Preis.
Die Wilhelm-Hausenstein-Ehrung ist im Jahr des 50. Todestages des Gründungspräsidenten der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (verstorben am 3. Juni 1957) von besonderer Bedeutung. Ihr diesjähriger Träger Klaus Schultz (geboren 1947) verkörpert ein Stück Münchener Operngeschichte der letzten Jahrzehnte. Während der Intendanz von August Everding (1977-82) war er Chefdramaturg und Pressesprecher der Bayerischen Staatsoper und prägte wesentlich das Profil dieser ruhmreichen Ära des Hauses am Max-Joseph-Platz mit. Nach anderthalb Jahrzehnten als Musikdramaturg der Berliner Philharmoniker und Generalintendant in Aachen und Mannheim kehrte er 1996 für elf Jahre als Intendant und Chefdramaturg des Gärtnerplatztheaters nach München zurück, wo er ein facettenreiches Repertoire im Spannungsfeld zwischen populärem und intellektuellem Theater, Operette und Avantgarde, Tradition und Moderne aufbaute. Seit 2002 ist er auch Freier Mitarbeiter der Bayreuther Festspielleitung. Dieter Borchmeyer