Bilder
Gelesen viel,
behalten wenig.
Weiß wohl, daß Nausikaa
die Wäsche wäscht.
Daß Witiko sein Blondhaar
schüttelt,
wenn er die Kappe abnimmt.
Aber woher er kam,
wohin er reitet
im Waldviertel,
dies und den Nutzen der Bücher
hab ich vergessen.
So behielt ich,
was bleibt.
In diesem Jahr wird zum zweiten Mal der Rainer Malkowski Literaturpreis unserer Akademie verliehen werden. Die Auszeichnung trägt den Namen eines der »kenntlichsten Lyriker dieser Jahrzehnte«, wie Peter Horst Neumann unser 2003 mit dreiundsechzig Jahren verstorbenes Mitglied anläßlich der ersten Preisverleihung genannt hat.
»Wahrnehmung als Ereignis – das ist es, was im Bewußtsein des Autors vorausgegangen sein muß, damit das Gedicht entstehen kann«, formuliert Malkowski in einem der poetologischen Texte, die bei ihm Seltenheitswert haben. Und: »Kaum zu unterscheiden, ob genaues Sehen noch Sehen ist oder schon ein Gedanke.« Das ist kein Programm, sondern die genaue Wiedergabe einer Erfahrung, und eben dieser Erfahrung verdanken sich Malkowskis Gedichte: Indem sie Augenblicke intensiver Wahrnehmung vergegenwärtigen, verwandeln sie, ohne den geringsten rhetorischen Aufwand, scharf konturierte Gegenständlichkeit in unvergeßliche Denkbilder. In einer Lesung aus dem seit 1975 in regelmäßiger Folge entstandenem Werk erinnern einige seiner Freunde an den großen und liebenswerten Dichter. Albert von Schirnding