Jiří Trávníček, geboren 1960, gehört in der Tschechischen Republik zu den führenden Wissenschaftlern, die sich in der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag mit der modernen tschechischen Literatur und ihrer Entwicklung beschäftigen. Zu seinem Arbeitsbereich gehört auch die Hermeneutik und die Erforschung von Leserverhalten und von Lesen. Im Bereich der Literaturkritik zählt Trávníček in der Tschechischen Republik zu den wichtigsten Persönlichkeiten.
Seinen Vortrag konzipierte Trávníček in zehn Themenkreisen, die er Thesen nennt:
– Ein mitteleuropäischer Roman setzt die Existenz von Mitteleuropa voraus.
– Wenn es ein Mitteleuropa gegeben hat, dann ab wann und bis wann? Und gibt es heute ein Mitteleuropa?
– Kann man Mitteleuropas Grenzen, ihre Ausdehnung festlegen oder bestimmen?
– Wenn es ein Mitteleuropa gab oder immer noch gibt, warum »überlebt« es vor allem in Romanen?
– Der mitteleuropäische Roman kennt keine reine Essenz, er ist immer eine Art von eigenartiger literarischer Melange.
– Das Individuum und die Geschichte – das Schlüsselthema des mitteleuropäischen Romans, die Quelle von mitteleuropäischer Fatalität
– Die Erfahrung des Exils
– Die Nostalgie des Unterganges
– Die mitteleuropäische Kleinstadt
– Die Geheimnisvollen, die Unerreichbaren, die Schlossbewohner, die Schlüsselinhaber, also jene zu denen wir nie durchdringen können
Und zum Schluß: Gibt es einen mitteleuropäischen Roman und ein Mitteleuropa? Ota Filip