Polen hat der Weltpoesie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehr bedeutende Dichter geschenkt als jedes andere europäische Land. Durch die Begeisterung und den Fleiß ihrer Übersetzer, vor allen unseres Akademie-Mitgliedes Karl Dedecius, begegnen wir ihnen in unserer Sprache.
Als Czeslaw Milosz 1980 zu recht den Nobelpreis erhielt, fragten wir uns: warum nicht Zbignew Herbert. Und als es 1996 die wunderbare Wislawa Szymborska traf, wäre Tadeusz Rózewicz höchst ebenwürdig gewesen.
Seine Gedichte sind »klar, ohne Beschönigung, bar jeder Sentimentalität, von einer Schönheit, die von ihrer Wahrheit gespeist wird.« Er ist »einer unserer unnachgiebigen Lehrer. Ein Lehrer ohne Schule, unser Lehrer Tadeusz.« So hat ihn Michael Krüger genannt, der ihm an diesem polnisch-deutschen Leseabend assistieren wird. Peter Horst Neumann
Rückkehr
Es gibt unter meinen gedichten solche
mit denen ich mich nicht aussöhnen kann
jahre vergehen
ich kann mich mit ihnen nicht aussöhnen
und auch nicht freisprechen von ihnen
sie sind schlecht aber mein
ich habe sie geboren
sie leben fern von mir
gleichgültig abgestorben
aber es kommt die zeit da sie alle
zu mir zurückkehren werden
die gelungenen wie die mißlungenen
die entstellten und die vollendeten
die verlachten und die verworfenen
als einheit
Tadeusz Rózewicz