Thanatos und Eros sind meine Themen, meine einzigen, ob in Stücken, in Prosa oder Gedichten – speziell im Hinblick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Nicht zuletzt deshalb, weil unsere Nation die Geschichte derart wegen Auschwitz verdrängt, begreiflicherweise, daß Sie deshalb das Kind mit dem Bad ausschüttet und z. B. auch des 95. Jahrestages des Ersten Weltkriegs, August diesen Jahres, überhaupt nicht gedacht hat.
Als ich im Juli und August meinen Totentanz »Sommer14« inszenierte, bat ich meine Regie-Assistentin, die Wochenendausgaben der fünf Zeitungen FAZ, Welt, Süddeutsche Zeitung, Rheinischer Merkur und Hamburger Abendblatt, an den zwei Sonntagen zu kaufen, an welchen dieses 95. Jahrestages hätte gedacht werden müssen: In keinem der zehn sehr dicken Feuilletons war eine einzige Zeile über 1914/18! Oder über die 9 Millionen Toten des Ersten Weltkriegs.
Gegen diese schäbige, ja ehrlose Vergesslichkeit versuche ich – natürlich vergeblich! – anzuschreiben, seit meinem ersten Versuch, mich den Deutschen aufzudrängen, seit dem Stellverteter, 1963. Sie können mich deshalb nicht leiden, weil ich Geschichte schreibe. Übereinstimmend sagen Sie: Das ist nicht Literatur, sondern Dokumentarismus. Rolf Hochhuth