Mit diesem Film aus dem Jahr 1970 nach dem Roman Der Konformist von Alberto Moravia hat Bertolucci seinen Weltruhm begründet und sich zugleich stilistisch von seinem übermächtigen Vorbild Jean-Luc Godard befreit. Die Geschichte des Marcello Clerici (gespielt von Jean-Louis Trintignant), der aus Sehnsucht nach bürgerlicher Anpassung zum Faschisten und Mörder wird, erzählt Bertoluccis Drehbuch einerseits mit den konventionellen Mitteln der Spannung; doch unter seiner Regie mit opulenten Kinomitteln entwickelt der Film weit mehr: das paradigmatische Psychogramm eines Mitläufers aus Sehnsucht nach Normalität. Die Kamera von Vittorio Storaro ist wegen ihrer geradezu seelischen Wechsel zwischen Nähe und Distanz berühmt geworden, vor allem hat die Lichtgebung in diesem Film – oft als Meilenstein der Kinogeschichte bezeichnet – Generationen von Kameraleuten und Regisseuren beeinflusst.
Il Conformista spiegelt die kritische Haltung Bertoluccis gegenüber der italienischen Gesellschaft (und nicht nur dieser), wer aber eindeutige Botschaften und Erklärungen sucht, wird sie hier nicht finden: Zu stark sind Triebhaftigkeit, Charakterschwäche, Kindheitstraumata in die Gründe politischen Verhaltens eingeflochten und in Rückblenden gespiegelt. Eben diese psychologischen und philosophischen Schichtungen machen, neben der faszinierenden Bildästhetik und den großartigen Schauspielern (Dominique Sanda, Stefania Sandrelli), die ungeheure Wirkung des Films aus. Gert Heidenreich