Zwei Autoren fast gleichen Alters (Jahrgang 1951 und 52), doch nach Herkunft, Wesen und Werdegang denkbar unterschiedlich, beschreiben in zwei 2009 erschienenen Romanen ihre Passion: zwei bedrückende Wirklichkeiten, die Kunst als existentielle Antwort.
Ingried Wohllaib wuchs als Gasthauskind in der schwäbischen Provinz auf und lebt heute als Grafikerin in Rom. Die grafische Perspektive bestimmt auch ihre knappe, sinnliche, leuchtstarke Prosa. Das Gasthauskind Isabel »putzt, bedient und wird oft wie eine Komplizin von jenen behandelt, deren verbale und sexuelle Entgleisungen sie zu fortgeschrittener Stunde zwangsläufig mitkriegt. … Die Balance zwischen ästhetischer Erzählform und den zu berichtenden Widerlichkeiten ist gelungen. Es entsteht der Eindruck von Genauigkeit und Unbeirrbarkeit. Dahinter steckt ein Eigensinn, dem dieses Buch verdankt, daß sich keine Passage in bloße Hoffnungslosigkeit verirrt.« (Renate Schauer, literaturkritik.de)
Wolfgang Hegewald studierte Informatik und Theologie in Dresden und Leipzig und ist heute Professor für Rhetorik und Poetik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg: ein hochgebildeter Intellektueller und Autor, der nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland 1983 vom Literaturbetrieb zunächst mit Preisen und Villa-Massimo-Stipendium empfangen und dann ausgesondert wurde. Genau dieses Schicksal schildert Hegewald in seinem Roman: mit der assoziativ überschäumenden Rhetorik eines Sprachbesessenen, dem essayistischen Furor des Kenners, dem Scharfblick des Außenseiters, dem selbstquälerischen Grimm des Abhängigen und dem Humor des Liebenden. Hier der Gasthaus-, dort der Literaturdschungel, gezeigt durch zwei sensible, sprachmächtige Temperamente: differenzierte, leidenschaftliche Sprache und widerständige, bunte Wirklichkeit. Petra Morsbach