Die Akademie lädt an sechs Abenden zu einer interdisziplinären Vortragsreihe ein, in der von international ausgewiesenen Spezialisten eine »Vermessung des Raums« durchgeführt werden soll – vom Klangraum der Musik und den poetischen Räumen der Literatur über den »leeren Raum« des Theaters und den Fiktionsraum des Films bis zum spezifischen Raum der bildenden Künste und dem Realraum der Architektur. Je mehr über Raum geredet wird, umso wichtiger ist es, diesen schillernden Leitbegriff besser zu verstehen.
Theater ist die Kunst des Raumes. Meine Frage ist: Wie kommt es, daß der neuzeitliche Theaterraum, der weitgehend unabhängig von der Aufführungspraxis, von der Theaterliteratur, dem Schauspieler theoretisch konzipiert und architektonisch ausgeführt wurde, bis heute die Darstellung des Theaters bestimmt?
In dem Vortrag verfolge ich die These: Theater ist die Auseinandersetzung von Bild und Text in einem Raum, der von der Architektur und der Bildenden Kunst als perspektivischer Bildraum konstruiert wurde und erst spät von den Schauspielern und dem »Drama« besetzt wurde. Diese von Anfang an problematische Spannung bestimmt Theorie und Praxis der Darstellenden Kunst, ihre Entwicklung und Geschichte. H. J. R.
Hans-Joachim Ruckhäberle ist seit 1993 Professor an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee (Fachgebiet Bühnen- und Kostümbild); seit 2001 Chefdramaturg des Bayerischen Staatsschauspiels München. Mitglied der Akademie der Künste, Berlin und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München.