Apocalypse Now handelt, vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges, von einer Reise ins Herz der Finsternis; Joseph Conrads Roman bietet dazu auch einen roten Faden im Plot. Einen von vielen. Es geht um die Reise eines Seelenkranken, eines von jenen Menschen im Krieg, die vielleicht schon tot sind, ohne es zu wissen (mehrfach sehen wir Martin Sheen in Situationen des Begrabenseins), auf der Suche nach jenem Colonel Kurtz, der im tiefen Urwald ein eigenes Reich des Schreckens gegründet hat. Aber nicht nur diese beiden, alle Wesen in diesem Film zeigen furchtbar gespenstische Züge: der »Feind«, den man nicht sieht, und der sich nur durch quäkende Lautsprecher kenntlich macht; Soldaten, die ihren Kopf voll Drogen und Rock ’n’ Roll gepumpt haben, die Gespenster des Kolonialismus, Offiziere, die einen Strand bombardieren lassen, um einen freien Platz zum Surfen zu haben, andere, die den Geruch von Napalm am Morgen lieben, Playboy-Bunnies der Truppenbetreuung auf der Flucht. Das »Epische« bedeutet nicht zuletzt, daß sich das Tragische und das Groteske, das Drama und die Satire, der Zynismus und das Mitleid begegnen, das Hohe und das Niedere, die kosmische Katastrophe und das alltägliche Elend, Philosophie und Biographie umeinander verweben. Und gelingen kann so etwas nur, wenn das Unternehmen eine so reiche und bewußte ästhetische Konzeption aufweist, daß auch das Widersprüchlichste darin Platz findet. Georg Seeßlen