Der 1918 in München gestorbene baltische Erzähler Eduard von Keyserling wird, zumindest bisher, in geradezu zyklischer Regelmäßigkeit immer erneut ›wiederentdeckt‹. Die Regelmäßigkeit, mit der das geschieht, hat verhindert, daß man ihn zu den Verschollenen und Vergessenen zählt, die einer erheblichen Anstrengung bedürfen, um an sie, meist vergeblich, wieder zu erinnern. Thomas Mann hat ihn in einem Gedenktext mit größtem Wohlwollen als »Gesellschaftsschilderer ohne soziale Attitüde« bezeichnet (vielleicht kannte er das Frühwerk Keyserlings nicht, in dem diese Attitüde durchaus bemerkbar ist). Die »Verklärung und melancholische Ironisierung« seines »feudalen Heimatmilieus« jedenfalls, die ebenfalls Mann registrierte, zieht bis heute immer wieder Leser an – »Fontane in Moll« ist er auch einmal genannt worden.
In Lesung und Kommentar werden Dieter Borchmeyer, Jens Malte Fischer und Martin Mosebach das Anziehende an Keyserling deutlich zu machen versuchen. Jens Malte Fischer