Ein tapferer, pflichtbewußter Eisenbahner rettet bei einem Zugunglück ein junges Mädchen, er nimmt die Waise zu sich und zieht sie zusammen mit seinem Sohn auf. Das heranwachsende Mädchen erregt Liebe und Begierde, nicht nur beim Bruder, der die Schwester nicht anzurühren wagt, sondern auch beim Vater, der die Treppe zu ihrem Zimmer mit einem Seil versperrt, um sich selber davon abzuhalten, seiner Leidenschaft nachzugeben.
Die außerordentliche Stärke dieses Films liegt in der visuellen Auflösung der Geschichte in einzelnen Einstellungen und in der kühnen Montage. Langsame Überblendungen, Licht von unten, die Silhouettierung der Figuren im Gegenlicht, impressionistische Effekte, wenn Zweige oder Blüten die Sonneneinstrahlung filtern, das kalte Licht der hochalpinen Schneelandschaften, das Kreuz in den Bergen, Dampf und Rauch nach dem Zugunglück – all diese Hell-Dunkel-Kompositionen werden mit einer Bewußtheit hergestellt, die im zeitgenössischen Kino ihresgleichen sucht. Mehrere Montagesequenzen beschleunigen den Rhythmus der Bilder, verkürzen die einzelnen Einstellungen so radikal, daß die rasende Fahrt des Zuges geradezu physisch vergegenwärtigt wird. Wohl nie zuvor ist in der Filmgeschichte in solchem Maße Geschwindigkeit veranschaulicht worden. Thomas Koebner, Reclam Filmklassiker