Horst Bienek, 1930 in Gleiwitz/Gliwice geboren, in München 1990 gestorben, war nicht nur ein bedeutender Schriftsteller, er war auch Filmemacher, und das mit Konsequenz schon seit 1966, als er den greisen, in Schweigen versunkenen Ezra Pound filmte. Bienek befasste sich mit dem Bild in der Kunst, im Film, in der Fotografie. »Filmen ist für mich die Bewältigung von Bildern; Schreiben ist Bewältigung von Welt«, schrieb er 1980. Beides gehörte untrennbar zu ihm. So verfilmte er 1968 Marie Luise Kaschnitz’ Beschreibung eines Dorfes. 1971 erhielt er den Deutschen Filmpreis für seinen Film Die Zelle, der auf seinem gleichnamigen Roman basierte.
Nach den vier Romanen der Gleiwitzer Tetralogie, die 1975–82 erschienen, reiste Horst Bienek im Sommer 1987 erstmals seit der Umsiedlung von 1946 nach Polen in die Kindheitslandschaft und drehte mit dem polnischen Regisseur Stanislaw Krzeminnski für das ZDF den Film Gleiwitzer Kindheit. Er wird seit der Erstaufführung im Fernsehen hier erstmals öffentlich gezeigt. Stanislaw Krzeminnski, geboren 1947 in Wroclaw, wird über die Dreharbeiten und seine Begegnung mit Horst Bienek berichten. Sein Bruder Adam Krzeminski, geboren 1945, Germanist und Journalist, führte Ende der achtziger Jahre Interviews mit Bienek, die die gemeinsame Geschichte reflektierten und die er in Polen und Deutschland veröffentlichte, eines davon auch in seinem ZDF-Film Jenseits von Schwarz und Weiß. Gefragt wird nach der Aktualität Horst Bieneks in Deutschland und in Polen, wo er 2012 von der Kulturzeitschrift Fabryka Silesia, die Persönlichkeiten aus Kunst und Literatur befragte, überwältigend zum bedeutendsten Schriftsteller Oberschlesiens bestimmt wurde.
Verena Nolte ist Bienek-Forscherin und Geschäftsführerin der gemeinnützigen Gesellschaft Kulturallmende in München.
3. Abend: 16. Mai 2013