Wilhelm Lehmann (1882-1968) war vor allem durch seine im wahren Sinn des Wortes tonangebende Lyrik berühmt. Als sein erster Gedichtband, die Antwort des Schweigens, erschien, war der Dichter über fünfzig Jahre alt. Die Erzählungen und Romane, die er vorher geschrieben hatte, traten in den Hintergrund. Nachdem der Fischer Verlag mehrere seiner früheren Werke verlegt hatte, wurde Lehmanns letztes Prosawerk, der Roman Der Provinzlärm, erst 1953, zweiundzwanzig Jahre nach seiner Entstehung, damals unter dem Titel Ruhm des Daseins bei Manesse veröffentlicht. 1950 wurde Lehmann zum Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste gewählt. Der Freund Werner Kraft äußerte sich nach der Lektüre des Manuskripts 1932 in einem Brief: »Dieser Roman wird keinen Leser finden. Denn wo wäre heute in Deutschland die Ruhe, ‚langsam‘ zu lesen, von der Nietzsche so oft spricht?!« Einer der ersten Leser des gedruckten Romans war Hermann Hesse, der den Autor seiner höchsten Bewunderung versicherte: »Ein Buch, durch das erquickend die ‚goldene Spur‘ hindurchgeht...«
Es handelt sich (nicht nur) um einen Schulroman. Lehmann unterrichtete von 1923 bis zu seiner Pensionierung 1947 am Gymnasium in Eckernförde. Die nahezu singuläre Bedeutung im Rahmen einer für den Geist und Ungeist der Welt der Schule gewidmeten Literatur liegt darin, daß hier ein Lehrer aus seiner Erfahrung und Perspektive schreibt, während sonst alle literarisch hochrangigen Schul-Geschichten aus der Sicht der ehemaligen Schüler erzählt sind. Die Wiederbegegnungen mit dieser höchst merkwürdigen gedichteten Pädagogik und pädagogischen Dichtung ist, auch unter aktuellen Gesichtspunkten, ein lohnendes Abenteuer. A. v. S.