Die Sammlung ironischer Kurzprosa mit dem Titel Lieblose Legenden erschien 1952. Wolfgang Hildesheimer zeichnet in seinen literarischen Grotesken absurde Bilder kultureller und gesellschaftlicher Verhältnisse der Nachkriegszeit. In der eindrucksvollen Satire Das Ende einer Welt beschreibt er buchstäblich den Untergang einer »Kunstinsel« – aufgeschüttet in der Nähe von Murano – just während der Zelebration eines Konzertes nach einer Komposition eines lediglich fiktiv existierenden Künstlers. Hildesheimer karikiert eine museale Scheinkultur, die Tradition zu etablieren scheint und somit kulturelle Erneuerung unterbindet.
Nach seinem Studium der Malerei und Bühnenbild in London begleitete Hildesheimer von 1946 bis 1949 als Simultandolmetscher die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse. In seiner »Vita« stellt er stilisiert ein Ereignis in seinem Atelier in Ambach am Starnberger See (1949-1953) dar, das ihn zum Schriftsteller werden ließ: Im Februar 1950 sei es am Fenster zu kalt und am Ofen zu dunkel gewesen, um zu malen. Er entschied sich zu zeichnen, „aber wider jegliches Erwarten begann ich eine Geschichte zu schreiben“. Mit den Lieblosen Legenden etablierte sich Hildesheimer rasch im Literaturbetrieb und wurde von Hans Werner Richter in den Kreis der Gruppe 47 geladen. Er schrieb Hörspiele, Theaterstücke und mehrere Prosawerke. Anfang der Achtziger Jahre verabschiedete sich Hildesheimer vom Schreiben und widmete sich ausschließlich der bildenden Kunst.
Preise und Auszeichnungen u. a.: Großes Bundesverdienstkreuz, Preis der Kriegsblinden (1954), Büchner-Preis (1966), Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1982).