Die einsame Frau
Zwei Filme über das gleiche Sujet, zwei Chroniken über einsame Frauen, deren einengendes Puppenheim (die Ehe) zerbricht, die der Dressur durch bürgerliche und religiöse Regeln entkommen, die sie zu künstlicher Kindheit verurteilt haben, über Frauen, die am Ende gleichsam den Kokon zerreißen und ihre Flügel ausbreiten, um den Weg ins Freie zu suchen.
Zwei Filme, Kammerspiele von avancierter Erzähl und Bildkunst: Sie sind ungefähr zur gleichen Zeit (1964/1965) entstanden, jedoch im Umkreis völlig verschiedener Kulturen.
Der Autor und Regisseur Satyajit Ray war der Doyen des indischen Kinos, das vor und abseits von Mumbais Bollywood und dessen Sing- und Tanzorgien im bengalisch geprägten, östlich gelegenen Kalkutta künstlerische Weltgeltung errang. Charulata (der Name der weiblichen Hauptfigur), nach Rays eigenem Urteil einer seiner bedeutendsten Filme, beobachtet wie ein scharfsichtiger Detektiv die minimalistischen Indizien, die das Innen leben der Heldin verraten.
Federico Fellini hat in den sechziger Jahren einen »zweiten Surrealismus« angestrebt: Julia und die Geister bezeugt diese neue und ungewöhnliche Ästhetik, in der sich die Bühne des »realen Lebens« mit Erinnerungen, Träumen und Visionen fast untrennbar verschränkt: ein Psychodrama, bei dem die Heldin, die ihr Leben neu ordnen muß, fast im Delirium der Wahnwelt verloren zu gehen droht – aber nur fast. T. Koebner