August 1914 als Stunde der Dichter. »Das ist so schön, daß diese schweren Zeiten / Fast wie ein Segen unser Haupt gestreift« singt der junge Bert Brecht in jenem hohen Ton, den das »bittre und doch heil'ge Streiten« europaweit fordert; und Rupert Brooke stimmt von jenseits des Kanals ein: »Nun sei Gott Dank, daß uns die Stunde traf …« In Frankreich hatte Charles Péguy zuvor schon alle Toten selig gesprochen, »die für die fleischliche Erde sterben«. Brooke fiel bald darauf in den Dardanellen, Péguy an der Marne; und Brecht fand Anlaß, seine Begeisterung zu überdenken.
Doch es gibt von Anfang an auch andere Töne: apokalyptische Visionen der Expressionisten, die die »Menschheit vor Feuerschlünden aufgestellt« sehen, trutzige Haßgesänge, Nibelungenpathos und sogar Einspruch gegen die »Wortemacher des Krieges«. Der Schock der Schützengräben und Materialschlachten zerbricht dann auf seine Weise die lyrisch-romantischen Konventionen und zerreißt den papierenen Vorhang, den die patriotische Rhetorik, hier wie dort, zwischen Heimat und Front hochgezogen hat. Die brutale Ernüchterung der Verfeindeten führt zu einer Annäherung der Perspektiven, in der Europa das Unsägliche gegen den bald schon grassierenden Gedächtnisschwund zu erinnern sucht: »Der neue Krieg kommt anders daher …, / Gebraut in des Teufels Essen. / Ihr werdet, ihr werdet ihn nicht so bald / Vergessen, vergessen, vergessen«. WvK