Hesiod, der am Fuße des Helikon als Bauer lebte, ist der erste uns bekannte griechische Dichter. Indem die neun Musen ihm am Helikon ihre Stimme einhauchen, weihen sie ihn zum Sänger der »Theogonie«. Und so schildert Hesiod den Griechen das Entstehen der Welt, der einzelnen Göttergenerationen und ihrer Kämpfe untereinander – er erzählt von Prometheus und Pandora, Dämonen und Monstern, von Zeus’ Machtergreifung am Olymp und den vielen Liebschaften der Götter. Raoul Schrotts Übertragung dieser ältesten Quelle griechischer Literatur verfasst in einer ganz alltäglichen und modernen Sprache, klingt weder verzopft noch altertümlich, sondern erfrischend zugänglich. In einem Essay geht Schrott zu den Wurzeln von Hesiods Götterkult zurück und zeichnet nuanciert den Ursprung jener Muse nach, die bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt hat.
Raoul Schrott, geboren 1964 in Landeck, studierte Literatur- und Sprachwissenschaft in Norwich, Paris, Berlin und Innsbruck und habilitierte sich dort am Institut für Komparatistik. 2008/09 war er Gastprofessor an der Freien Universität Berlin, 2012 hatte er, zusammen mit Christoph Ransmayr, die Tübinger Poetik-Dozentur inne. Raoul Schrott erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen u. a. 1995 den Leonce- und Lena-Preis, 1999 den Peter-Huchel-Lyrikpreis, 2004 den Josef-Breitbach-Preis und 2009 den Tiroler Landespreis für Kunst. Zuletzt erschienen von ihm Homers Heimat und seine Übertragung der Ilias (2008), Liebesgedichte aus dem Alten Ägypten Die Blüte des nackten Körpers (2010), das enzyklopädische Werk Gehirn und Gedicht (2011, gemeinsam mit dem Hirnforscher Arthur Jacobs) sowie die Erzählung Das schweigende Kind (2012).