Christine Lavant aus dem Lavanttal in Kärnten, deren hundertsten Geburtstag wir in diesem Jahr feiern, war die ungewöhnlichste österreichische Dichterin des 20. Jahrhunderts. Sie war das neunte Kind eines Bergarbeiters, zeitlebens mit Krankheiten gepeinigt und gelegentlich Patientin einer Nervenheilanstalt, verdiente sie ihren Unterhalt mit Handwerksarbeiten. Erst nach und nach setzte sich ihre ungewöhnliche Bildsprache durch, mit der sie Gott und die Welt herausforderte. Erst seit Thomas Bernhard und unser ehemaliger Präsident Wieland Schmied Werkausgaben ihrer Gedichte vorlegten, gehört sie, mit Ingeborg Bachmann – beide starben übrigens im Jahr 1973 –, zu den großen Dichterinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder der Jahrhundertmitte. Inzwischen gehören auch die Prosaarbeiten der Lavant zum geheimen Kanon der österreichischen Literatur.
Aus Anlaß des Geburtstags und des Erscheinens der Werkausgabe lesen Mitglieder der Akademie Texte von Christine Lavant. M. K.