Im Angesicht des Verbrechens. Ein Film von Dominik Graf, D 2010, 480 Min.
2006 wurde mir der bislang größte Stoff meines Berufslebens angeboten, die 10 x 50-Minuten-Serie »Im Angesicht des Verbrechens« von Rolf Basedow. Das Drehbuch erzählte mittels einer komplexen Struktur und in epischer Breite diverse Biographien aus der Welt der Russenmafia im Nachwende-Berlin. Seine Heldinnen und Helden waren Polizisten ebenso wie Gangster, Geschäftsleute wie Rotlicht-Arbeiter. Die Realisierung des Stoffs überforderte alle Beteiligten, vom Produzenten bis zum Regisseur. Im kreativen Sinn eine höchste Herausforderung, andererseits aber eine Beschwörung des Unerreichbaren. Die zweijährige Produktionsgeschichte war geprägt von Drehstops, Rauswurf-Drohungen, schließlich Insolvenz. Als Firmen-Exitus bis dahin nahezu ein Einzelfall in der deutschen Branche, war dies dennoch eine systemisch bedingte und vorhersehbare Resonanzkatastrophe. Denn alle deutschen Thriller- und Genre-Versuche, die größer gedacht werden als in Tatort-Dimensionen, sind Träume, die zerschellen müssen, wenn sie auf die kalte Fläche des bei uns real Machbaren projiziert werden.
Aber selbstverständlich wird weitergeträumt. D. Graf, Juli 2015