Noch nie ist das Werk eines altdeutschen Künstlers in einem überschaubaren Zeitraum so differenziert betrachtet und so umfassend ausgestellt worden wie in diesem Jahr der riesige Werkkomplex, den der Maler Lucas Cranach, sein Sohn und seine Wittenberger Werkstatt der Welt hinterlassen haben. Anhand wichtiger Gemälde aus den Ausstellungen des Cranach-Jahrs analysiert Gottfried Knapp die Methoden der Verführung und die Techniken der Verdeutlichung, mit denen die Cranachs die extrem unterschiedlichen Bildaufgaben ihrer Epoche bewältigt haben. Ganz ohne Beispiel war jedenfalls die Kühnheit, mit der sie die theologischen Grundvorstellungen Luthers in Bilder übersetzt und die uralten künstlerischen Wirkungsmuster der Kirche mit neuen Inhalten gefüllt haben. Ihre Gemälde und Graphiken haben dem sich entwickelnden Protestantismus zu etwas verholfen, was wir am treffendsten mit dem modernen Wort Corporate Identity bezeichnen.