Die Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 markiert den Schlußpunkt der ereignisgeschichtlichen Periode, die am 14. Juli 1789 einsetzte. Diese Zeitspanne war geprägt von der Herrschaft Frankreichs über Europa im Zeichen von Revolution und napoleonischem Empire. Wie nur wenige andere Schlachten in der Geschichte der Menschheit war das blutige Geschehen, dem ein Dorf südlich von Brüssel seinen Namen gab, eine historische Weichenstellung, die dem weiteren Gang der Geschichte eine neue Richtung wies. Der Sieg der verbündeten britisch-niederländisch-preußischen Armeen über Napoleon, der aus seinem Exil auf Elba entwichen war und rund einhundert Tage lang erneut die Herrschaft über Frankreich ausübte, trug entscheidend dazu bei, das sich bisweilen im Festrausch verlierende Palaver des seit dem Herbst 1814 tagenden Wiener Kongresses erfolgreich abzuschließen. Die endgültige Niederlage Napoleons in der Schlacht von Waterloo besiegelte die politische Neuordnung Europas, die von den in Wien versammelten Vertretern der Mächte ausgehandelt wurde. Daß diese Ordnung bis zum August 1914 trotz mancher Belastungen Bestand hatte, verdankte sich aber weniger deren politischer Klugheit, als vielmehr dem Umstand, daß die Französische Revolution und das ihr auf dem Fuße folgende napoleonische Empire den Beginn der Industriellen Revolution auf dem Kontinent verzögerten. Als Erklärung für die bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs andauernde und weitgehend friedliche Stabilität in Europa drängt sich deshalb die Vermutung auf, daß mit 1815 weit eher als mit 1789 ein Jahrhundert politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts in Europa begann. J. W.
Johannes Willms war als Journalist tätig. So u. a. Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung von 1993 bis 2000, für die er zuletzt als Kulturkorrespondent in Paris tätig war. 2014 veröffentlichte er Tugend und Terror. Geschichte der Französischen Revolution.
Johann Wilhelm Wilms (1772–1847)
Die Schlacht von Waterloo, op. 43
Klavier: Siegfried Mauser