Man nennt William Shakespeare, 1564–1616, den größten Dramatiker der Weltliteratur. Man könnte ihn auch den größten Plagiator der Weltliteratur nennen: gerade mal zwei seiner 37 Dramen hat er sich selber ausgedacht; alles andere sind »Bearbeitungen« von Stoffen und Geschichten, die er im europäischen Literatur-Recycling-Pool vorfand, umschrieb und in seiner eigenen Sprache neu erzählte. Aber was das für eine Sprache ist!
Shakespeare hat mit seinem Gesamtwerk ein »great feast of language« aufgetischt, wie es in Verlorene Liebesmüh heißt – ein »großes Schlemmermahl der Sprache«. Nur eben leider ein Schlemmermahl der englischen Sprache, bei dem die einzelnen Gänge und Gerichte von der Vorspeise bis zum Dessert aus den ganz speziellen Eigenheiten und Möglichkeiten der englischen Syntax, der englischen Grammatik, der englischen Phonetik und der englischen Lexikalik zubereitet wurden, obendrein auch noch in den alten Kasserollen des elisabethanischen Englisch. Rezepte kann man nachkochen – wie nun aber, wenn dem Koch nur Zutaten aus dem deutschen Sprachgemüsegarten zu Verfügung stehen? Wenn er Shakespeares englisches Sprachschlemmermahl mit deutscher Syntax, deutscher Grammatik, deutscher Phonetik und deutscher Syntax auf deutschen Tellern servieren soll?
Eine abenteuerliche Reise durch Shakespeares grob elegante, gedrechselt schlichte, derb sensible, obszön geschliffene, pathetisch lakonische, kalauernd lyrische, hochtönend gossenhafte, blödelnd vergrübelte, wortspielerisch konkrete, zum Weinen komische, tragisch albernde, gereimte und ungereimte Sprachwelt: Der Shakespeare-Übersetzer Frank Günther erzählt in seinem one-man-act von befremdlichen Wörtern, Sätzen und Dialogen aus Shakespeares Sprach-Kosmos – nebst ihrer tieferen Bedeutung.