Barockmusik triumphiert längst auf Opernbühnen und in Konzerten. Sträflich vernachlässigt werden hingegen die Schätze der barocken Literatur. Der allgemeine Blick reicht meistens nur bis zur Goethe-Zeit zurück. Dabei war das literarische Leben Deutschlands vor 1750 ähnlich reich und vital wie das musikalische. Nach den Nöten des Dreißigjährigen Kriegs befreiten sich die Menschen von dem Gefühl, daß unser Leben einem Jammertal gleichen müsse. Die Künste begannen in ungeahnter Weise das Dasein als ebenso einmaliges wie kostbares Geschenk zu feiern. Prachtentfaltung und Formvielfalt galt als Widerstand und Antwort auf die Fährnisse des Schicksals. Im Wettbewerb um Glanz, Licht und Witz stand die deutsche Literatur des Barock den anderen Künsten nicht nach. Paul Fleming feierte in unvergänglichen Versen das Küssen. Filip von Zesen schrieb Trinklieder, durch die man den Wein rieseln hört. Die berühmte Mätresse Augusts des Starken, Aurora von Königsmarck, begeisterte sich für die Freuden des Karnevals. Der Hamburger Barthold Heinrich Brockes ergötzte sich am Flug und Schillern einer kleinen Fliege, und noch der junge Gotthold Ephraim Lessing pries die Tugend der Faulheit.
Die literarisch-musikalische Soiree mit Gedichten, Romanauszügen und kulturgeschichtlichen Exkursen, bereichert durch Arien Purcells und Telemanns, ruft eine kraftvolle Epoche wach, die versuchte, Glück und Leid in ein erträgliches Verhältnis zu bringen.H. P.