Seit einigen Jahren erfahren Bilder dank der Digitalisierung, durch Smartphones und soziale Medien einen enormen Bedeutungszuwachs. Indem sie sich schneller und professioneller denn je erstellen und nahezu beliebig verbreiten lassen, läuft ihr Austausch erstmals in der Kulturgeschichte fast genauso ungehindert und selbstverständlich wie der Austausch gesprochener oder geschriebener Sprache. Bilder werden damit zum zweiten alltäglichen Kommunikationsmittel, der schon vor Jahren proklamierte ‚Iconic Turn’ ist endgültig Realität geworden. Entsprechend gibt es zahlreiche neue Formen und Funktionen von Bildern, die zum Teil Vorläufer in der analogen Welt haben, zum Teil aber nur aus der Logik der sozialen Medien heraus verständlich sind. Zu den neuen Phänomenen gehört, daß Bilder aus der Geschichte der Kunst in den sozialen Medien eine zweite Karriere machen. Sie werden digital verfremdet und in wechselnde Kontexte integriert. So wie in der Sprache feste Redewendungen in variablen Zusammenhängen auftauchen, gibt es mittlerweile also auch feste Bildwendungen als Grundlage einer Kommunikation mit Bildern – mit Rückwirkungen auf die Wahrnehmung von Kunst. W. U.
Wolfgang Ullrich, geb.1967 , war von 2006 bis 2015 Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Seither arbeitet er als freier Autor in Leipzig. Er forscht und publiziert zur Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, über zeitgenössische Bildwelten und Konsumtheorie.
Jüngste Buchpublikationen: Alles nur Konsum. Kritik der warenästhetischen Erziehung (2013), Des Geistes Gegenwart. Eine Wissenschaftspoetik (2014), Siegerkunst. Neuer Adel, teure Lust (2016), Der kreative Mensch. Streit um eine Idee (2016) und Wahre Meisterwerte. Stilkritik einer neuen Bekenntniskultur (2017).