François-René de Chateaubriand (1768–1848) war es beschieden, zum »Repräsentanten« jener Zeit zu werden, die Reinhart Koselleck die »Sattelzeit« genannt hat. Geboren im ausgehenden Ancien Régime, wird er während der Revolution erwachsen und erlebt dann alle Umbrüche der französischen und europäischen Geschichte bis einschließlich zur 48er Revolution. Er war also der Mann des Umbruchs und er war sich dessen derart bewußt, daß er sein gesamtes Œuvre unter das Zeichen des Wandels stellte. Die prägende Erfahrung Chateaubriands war die Revolution von 1789, die er als ein Auseinandergehen von Zeit und Geschichte auffaßte. Diese Aporie steht im Zentrum seines Denkens und seines politischen Handelns. Spätestens nach der Julirevolution (1830) mußte er erkennen, daß er sie nur literarisch darstellen konnte – in seinen Memoiren, die den vielsagenden Titel tragen Memoiren von jenseits des Grabes. E. C.
Edoardo Costadura ist Inhaber des Lehrstuhls für Romanische Literaturwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In seiner 2002 vorgelegten Habilitation beschäftigte er sich mit dem Typus des »Edelmanns am Schreibpult« und untersuchte darin das Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution. Zu ihrem Ende kommt diese Tradition mit François-René de Chateaubriand, der als letzter schreibender Edelmann gelten kann und zugleich als der erste Aristokrat, der eine institutionalisierte Autorenrolle übernehmen mußte.