Das Werk des jiddischen Schriftstellers Moische Kulbak (1896–1937) ist zwischen Groteske und Poesie, jüdischer Mystik und avantgardistischem Stil angesiedelt. Der in Weißrußland geborene Kulbak war berühmt für seine Vortragskunst und pflegte viele Genres. In den 1920ern lebte er drei Jahre in Berlin und frequentierte expressionistische Cafés. „In Europa“ wollte er die jiddische Literatur an die europäische Moderne anschließen – und begegnete zugleich den ersten Vorboten des Nationalsozialismus. In der Hoffnung auf die noch junge weißrussische Sowjetrepublik siedelte er 1928 von Wilna nach Minsk über. 1937 wurde er von den Sowjets erschossen, letztlich, da seine Kunst sich nicht dem sozialistischen Realismus unterwarf. Jüngst sind einige seiner Werke auf Deutsch erschienen. Der „kleine Roman“ Montag schildert das Leben eines Hebräischlehrers in Wilna, der zwischen Tradition und Revolution schwankt. Der Messias vom Stamme Efraim berichtet von den fantastischen Abenteuern des Reb Benje, der Messias werden soll. Childe Harold aus Disna ist ein Gedichtzyklus, in dem ein zugewanderter „Pfeifenmann“ das Berlin der Zwischenkriegszeit als Stadt der sozialen Kontraste erlebt. Der Roman Selmenianer, eine Art jiddische Buddenbrooks, schließlich stellt die Auflösung einer traditionellen jüdischen Familie unter den Bedingungen des gesellschaftlichen Wandels dar. J. L.
Judith Leister ist freie Kulturjournalistin und hauptsächlich für die Neue Zürcher Zeitung tätig. Sie schrieb und schreibt Literaturkritiken, Reisereportagen und Beiträge zur Erinnerungskultur für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Magazin Tachles, den Deutschlandfunk und den Südwestfunk. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf osteuropäischen Themen.
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