Als es in München noch ein Künstlerviertel gab, da war er der »König von Schwabing«: Karl Wolfskehl, Dichter, Übersetzer, Gelehrter. In der Römerstraße 16 führte er seinen legendenumwobenen Literatursalon, während sein verehrter »Meister« Stefan George oben im »Kugelzimmer« schrieb. 1933 hat Schwabing zerstört. Wolfskehl sah die Gefahr sehr früh. Er ging nach Italien, dann, als auch dort die Bedrohung wuchs, noch weiter: 1938 wählte der fast Siebzigjährige jenen Punkt auf dem Globus, der am entferntesten war vom Trümmerfeld Europa. Dort, in Neuseeland, ist er am 30. Juni 1948 gestorben. Das Exil wird zum Wendepunkt in Wolfskehls Leben. Der Sinn dieses Lebens war die deutsche Poesie gewesen. Im Angesicht der Verfolgung aber wendet er sich seinem Judentum zu, und nun entsteht mit Die Stimme spricht ein Werk von tiefster, eigentümlicher Kraft: die Selbstbehauptung eines großen jüdischen Dichters im Augenblick der größten Katastrophe seines Volkes. Wolfskehl schrieb im Exil Gedichte, Briefe, die in jedes deutsche Lesebuch gehören. Wolfgang Matz stellt diesen Karl Wolfskehl vor, und er liest aus einem Werk, das immer wieder entdeckt werden muß.
© D. P. Gruffot,
Wolfgang Matz
Wolfgang Matz, 1955 geboren, lebt in München. Zuletzt veröffentlichte er: Eine Kugel im Leibe. Walter Benjamin und Rudolf Borchardt: Judentum und deutsche Poesie (Göttingen 2011), Die Kunst des Ehebruchs. Emma, Anna, Effi und ihre Männer (Göttingen 2014) und Frankreich gegen Frankreich. Die Schriftsteller zwischen Literatur und Ideologie (Göttingen 2017).
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