Ernst Augustin war ein phantastischer Autor. Nicht nur weil die Wissenschaft ihn der phantastischen Literatur zurechnet, nein, er schrieb phantastisch im Sinne von überraschend, farbig, strotzend von Eigensinn und dabei wunderbar anmutig. Er war in der zeitgenössischen deutschen Literatur unter vielen tollen Hunden eine selbstbewusste Katze. Fiel zwar nicht immer auf die Füße, aber mehrere Leben hatte er bestimmt: in Ost- und Westdeutschland und reichlich auch im Rest der Welt – Unfallchirurg, Psychiater, Chef eines Krankenhauses in Afghanistan, Aufenthalte in Indien, Amerika, Arzt in München. Was an seinen Geschichten besonders fasziniert: Sie handeln von den mehr oder weniger multiplen Biographien, in denen wir alle leben, im Konjunktiv, aber eben nicht nur im Konjunktiv.
Ich lese aus zwei Augustin-Romanen vor, die ich besonders liebe: Der amerikanische Traum und Robinsons blaues Haus. Letzteren schrieb er als nahezu Blinder, und es ist wohl sein bester geworden. Er diktierte ihn nicht, er schrieb das alles wirklich, nicht mehr sehend, was auf dem Papier stand. Vorlesen konnte er es nicht mehr. S. N.
Sten Nadolny (78) ist Romanautor (u. a. Die Entdeckung der Langsamkeit, 1983; Ein Gott der Frechheit, 1995; Weitlings Sommerfrische, 2012; Das Glück des Zauberers, 2017). Er lebt in Berlin. Bevor er Berufsschriftsteller wurde, studierte er Neuere Geschichte und Politologie (mit Abschluss Dr. phil.), war einige Zeit Gymnasiallehrer, danach Aufnahmeleiter bei Spielfilmproduktionen. Er erhielt den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis (1980) und danach einige weitere, zuletzt den Weilheimer Literaturpreis (2010). Er ist seit 1990 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
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