Die Frage nach Eigentum von Grund und Boden und nach der Bedeutung des Bodenrechts für eine soziale Gesellschaftsordnung, für Bodenpreise und Mietkosten sowie für die Planung und Entwicklung der Städte wurde seit der Industrialisierung und Urbanisierung im 19. Jahrhundert immer wieder und immer drängender gestellt. Die Bodenreformbewegung und die genossenschaftlich orientierte Gartenstadtbewegung schienen Lösungen zu bieten, aber nach unendlich vielen Vorschlägen und Diskussionen fragte 1990 Christoph Hackelsberger: »100 Jahre deutsche Wohnmisere und kein Ende?« und 1997 meinte der Architekt und Politiker Peter Conradi: »Ein soziales Bodenrecht – eine ungelöste/unlösbare Aufgabe?« Was können Projekte wie beispielsweise »Boden behalten – Stadt gestalten« in Zürich und Basel oder die »Stadtbodenstiftung« in Berlin heute erreichen?
Sabine Horlitz, Vorstand der Stadtbodenstiftung; Die Stadtbodenstiftung – Über den Boden zur solidarischen Stadt, in: arch+, Nr. 241, 2020
Florian Hertweck, Architekt und Leiter des Masterstudiengangs Architecture, European Urbanisation, Globalisation, Universität Luxemburg; Herausgeber von: Architektur auf gemeinsamem Boden. Positionen und Modelle zur Bodenfrage, 2020
Winfried Nerdinger, Professor em. für Architekturgeschichte, Technische Universität München
Recht auf Wohnen?
Die Bankenkrise und eine Wende in der Zinspolitik führten zu gravierenden Veränderungen des Immobilienmarkts und zu derartig steigenden Miet-, Wohnungs- und Grundstückskosten, dass daraus soziale Probleme erwachsen, die bald zu gefährlichen gesellschaftliche Spannungen führen könnten. Forderungen nach einer Mietbremse, Enteignung von Immobilienkonzernen und gesetzlicher Verankerung eines Grundrechts auf Wohnen werden kontrovers diskutiert. Für Lösungen wird auf Erbbaurecht, genossenschaftliches Bauen und Wohnen, die Situation in Wien oder Basel sowie auf verschiedene Vorschläge von Architekten und Politikern verwiesen. Entrüstung über die Boden- und Mietpreise ändert an den Zuständen nichts, denn »Spekulation« und Preisentwicklung sind weitgehend systemkonforme Vorgänge in den vorgegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen.
Die Bayerische Akademie der Schönen Künste möchte in einer dreiteiligen öffentlichen Vortragsreihe die brennende Frage nach einem Recht auf Wohnen mit einer grundsätzlichen Betrachtung der rechtlichen, ökonomischen und architektonischen Möglichkeiten verbinden. Gibt es überhaupt ein »Recht auf Wohnen«, welche ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen hätte ein neues Boden- und Eigentumsrecht, welche Möglichkeiten bieten beispielsweise Erbbaurecht oder Genossenschaften?
Jeweils zwei fachlich ausgewiesene Experten werden ihre Sicht auf die Thematik und ihre Lösungsvorschläge vortragen, anschließend findet ein moderiertes Gespräch statt.
Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass unser Platzangebot begrenzt ist. Der Zugang zur Akademie ist nicht barrierefrei.